Coronavirus & Recht

Rechtsanwältin Isabel Romy Bierther, Fachanwältin für Arbeits- und Medizinrecht in der Kanzlei Berten & Partner, Essen, beantwortet die wichtigsten Fragen. Die Themen werden fortlaufend erweitert.

Impfungen

Gibt es eine Impfpflicht?

Die Empfehlung geben derzeit viele Ärzte und Politiker. Eine Impfpflicht haben wir noch nicht, was damit zusammenhängen könnte, dass nicht ausreichend Impfstoff zur Verfügung steht. Dennoch gibt es bereits die ersten Vorstöße für die Mitarbeitenden im pflegerischen und medizinischen Bereich, eine Impfpflicht einzuführen.

Das Bundesverwaltungsgericht hat bereits im Jahr 1959 geurteilt, dass eine Impfpflicht verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist. Damals waren es die Pocken. Die Sterblichkeitsrate lag bei 30 Prozent. Die Impfpflicht wurde aber angesichts der weltweiten Ausrottung des Erregers mit Wirkung im Jahr 1983 abgeschafft.

Kann eine Impfpflicht eingeführt werden?

Das Infektionsschutzgesetzt enthält für das Bundesgesundheitsministerium (BMG) in § 20 Abs. 6 S. 1 Infektionsschutzgesetz (IfSG) die gesetzliche Möglichkeit durch eine Rechtsverordnung eine solche Impfpflicht für besonders gefährdete Teile der Bevölkerung anzuordnen, wenn eine übertragbare Krankheit mit klinisch schweren Verlaufsformen auftritt und mit ihrer epidemischen Verbreitung zu rechnen ist. Sobald ausreichend Impfstoff vorhanden ist, könnte das BMG mit Zustimmung des Bundesrates anordnen, dass für alle Mitarbeitenden in Pflege- und Gesundheitsberufen eine Impfpflicht besteht. Von der Impfpflicht wären laut IfSG nur Personen ausgeschlossen, für die eine medizinische Kontraindikation besteht.

Kann mein Arbeitgeber eine Impfung anordnen?

Da bisher noch keine Impfpflicht besteht, können Arbeitgeber dies auch nicht anordnen. Nur Freiwillige werden geimpft. Die ist zu vergleichen mit den Angeboten auf eine Grippeschutzimpfung. Auch diese konnten die Abreitgeber bisher nicht anordnen, weil das Recht auf körperliche Unversehrtheit dem entgegenstand. Nun haben wir jedoch die besondere Situation einer Pandemie, sodass wir diese Frage neu bewerten müssen. Die Arbeitgeber dürften eine Weisung zur Impfung nur unter Beachtung des billigen Ermessens erlassen. Dabei müssen alle wesentlichen Umstände des Einzelfalles berücksichtigt und auch entgegenstehende Interessen in die Abwägung einbezogen werden. Eine Impfpflicht muss dann abgewogen werden mit Bezug auf die schwerwiegenderen medizinischen, aber auch wirtschaftlichen Auswirkungen der Coronapandemie und dem Recht des Arbeitnehmers auf körperliche Unversehrtheit. Bisher war (bei Grippeimpfung) das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers ausschlaggebend. Da es sich hier um ein Grundrecht des Arbeitnehmers handelt, steht die körperliche Unversehrtheit unter einem besonderen Schutz. In dieses Recht darf auch der Staat nur eingreifen, wenn er die Rechtsverletzung durch ein Gesetz legitimiert. Daher bedarf es auch für den Arbeitgeber einer solchen Legitimation, um einen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit vorzunehmen. Nach Auffassung der Autorin dürfte daher eine solche arbeitsrechtliche Weisung unverhältnismäßig sein, solange der Gesetzgeber keine Impfpflicht geschaffen hat.

Gilt die Rechtsprechung zur Impfpflicht bei Soldaten auch für die Kranken- oder Altenpflege?

Verweigert ein Soldat den Befehl zur Teilnahme an einem Impftermin, dann liegt darin ein Dienstvergehen, so dass BVerwG. Hier besteht eine Impfpflicht nach dem Soldatengesetz. Eine solche Rechtsgrundlage gibt es für den Bereich der zivilen Pflege aber nicht.

Coronavirus & Urlaub

Welche Besonderheiten gelten für die Einreise?

Die Verordnung unterscheidet zwischen Virusvarianten und Risikogebieten.

Sofern der Mitarbeitende aus einem Virusvarianten-Gebiet einreist und sich zu einem beliebigen Zeitpunkt in den letzten zehn Tagen vor Einreise in einem Virusvarianten-Gebiet aufgehalten hat, so ist er beispielsweise in NRW verpflichtet, sich unverzüglich nach der Einreise auf direktem Weg in seine Wohnung zu begeben und sich für einen Zeitraum von 14 Tagen gerechnet ab dem Tag der Ausreise aus diesem Gebiet ständig dort abzusondern. Er darf während dieser 14 Tage keinen Besuch von Personen empfangen, die nicht seinem Hausstand angehören. Sie müssen sich vor ihrer Einreise testen lassen und diesen Test der zuständigen unteren Gesundheitsbehörde vorlegen. Beim Auftreten von Symptomen muss sofort die Behörde informiert werden. Eine Verkürzung der Quarantäne ist nicht möglich.

Was ist ein Virusvarianten-Gebiet?

Virusvarianten-Gebiet ist ein Staat oder eine Region außerhalb der Bundesrepublik Deutschland, für den oder die zum Zeitpunkt der Einreise in die Bundesrepublik Deutschland ein besonders hohes Risiko für eine Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 festgestellt wurde, weil in diesem Risikogebiet bestimmte Varianten des Coronavirus SARS-CoV-2 verbreitet aufgetreten sind. Die Festlegungen als Varianten-Gebiet sind auf der Internetseite des RKI zu finden.

Was gilt bei der Einreise aus einem Risikogebiet?

In jedem Bundesland gelten andere Regelungen. Je nach Bundesland gibt es eine zehntägige Quarantänepflicht für Personen, die aus einem Risikogebiet nach aktueller Einschätzung des RKI einreisen. Nur eine Reisewarnung des Auswärtigen Amtes führt nicht zur Pflicht, sich nach den Covid-Regelungen der einzelnen Bundesländer in eine Quarantäne zu begeben.

Wenn Mitarbeitende aus einem Risikogebiet einreisen, so müssen sie sich unverzüglich für den im Landesrecht vorgegebenen Zeitraum in die häusliche Quarantäne begeben. In NRW ist die Quarantäneverpflichtung in der Coronaeinreiseverordnung geregelt. Danach müssen die Einreisenden das Gesundheitsamt von sich aus auf die Einreise aus einem Risikogebiet hinweisen und unterliegen der Beobachtung durch das zuständige Gesundheitsamt. Die Quarantänepflicht besteht jedoch nicht, wenn höchstens 48 Stunden vor der Einreise oder unmittelbar nach der Einreise einer Testung auf eine Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 stattgefunden hat und dieser negativ war. Bis zur Vornahme des Testes ist der Kontakt mit anderen Personen außerhalb des eigenen Hausstandes soweit wie möglich zu unterlassen.

Darf der Arbeitgeber danach fragen, wo ich im Urlaub war?

Ja, es besteht ein Fragerecht, denn den Arbeitgeber treffen Fürsorge- und Schutzpflichten gegenüber allen anderen Arbeitnehmende. Er ist verpflichtet, andere Arbeitnehmende vor einer Ansteckung zu schützen. Dies kann er natürlich nur, wenn er bestehende Risiken kennt. Daher ist der aus dem Urlaub zurückkehrende Mitarbeitende auch verpflichtet, diese Fragen zu beantworten.

Was bedeutet die Quarantäne für das Arbeitsverhältnis?

Der Mitarbeitende, der in Quarantäne ist, kann nicht arbeiten, weil er seine eigene Häuslichkeit nicht verlassen darf. Dadurch ist ihm die Erbringung seiner Arbeitspflicht unmöglich. Insoweit ist der Arbeitnehmende auch hier verpflichtet, dem Arbeitgeber mitzuteilen, dass er wegen der Einreise aus einem Risikogebiet seine Arbeitsleistung nicht erbringen kann.

Bekomme ich als Arbeitnehmender meinen Lohn in diesen zwei Wochen Quarantäne?

In der Pflege dürfte, da eine Arbeit im Homeoffice nicht möglich ist, dadurch die Verpflichtung zur Zahlung der Arbeitsvergütung untergehen. Hier gilt der Grundsatz: ohne Arbeit kein Lohn.

Welche Möglichkeiten hat der Arbeitgeber, wenn der Arbeitnehmende dennoch zur Arbeit erscheint?

In diesem Fall, wenn der Mitarbeitende gegen die Quarantäne verstößt kann das ein Bußgeld nach sich ziehen. Der Arbeitgeber ist aber auch berechtigt, den Mitarbeitenden zu suspendieren und des Betriebes zu verweisen, um die Gesundheitsinteressen der anderen Beschäftigten und Bewohner, Gästen oder Patienten nicht zu beschädigen.

Was sollten Inhaber von Pflegeunternehmen deshalb tun?

Die Arbeitgeber sollten ihre Mitarbeiter vor dem Urlaub über die rechtlichen Folgen informieren. Es ist auch eine schriftliche Befragung möglich, in welcher die Mitarbeitende die Orte ihrer Urlaubsreise angeben müssen, damit der Arbeitgeber eine entsprechende Bewertung vornehmen kann. Hier muss in Betrieben mit einem Betriebs- oder Personalrat, dieser beteiligt werden.

Corona-App

Darf der Arbeitgeber anordnen, die Corona-Warn-App zu installieren und zu nutzen?

Die App ist nach dem Willen der Bundesregierung freiwillig. Jeder Bürger darf selbst entscheiden, ob er die App einrichtet und über die Weitergabe der Warnung durch die App. Dieser Grundsatz ist auch für das Arbeitsverhältnis binden. Die Freiwilligkeit gilt für die Arbeitszeit und daher genauso in der Freizeit. Der Arbeitgeber hat die Möglichkeit, eine Nutzungsempfehlung – in Abstimmung mit dem Betriebs- oder Personalrat – auszusprechen.

Kann der Arbeitgeber mich dazu auffordern, die Corona-Warn-App auf meinem privaten Handy installieren?

Die Aufforderung aussprechen kann er, aber rechtlich bindend ist das nicht. Da der Arbeitgeber nicht über die Handys seiner Mitarbeiter verfügen kann.

Wenn ich die APP nutze, muss der Arbeitnehmer den Arbeitgeber über seine Krankheit oder einen Infektionsverdacht informieren?

Da der Arbeitgeber die Informationen benötigt, um Schutzmaßnahmen für die übrigen Arbeitnehmer zu ergreifen, ist es erforderlich, den Arbeitgeber auf über die Gefahr einer Infektion zu informieren.

Muss ich zu Hause bleiben, wenn die Corona-Warn-App mich benachrichtigt, dass ich Kontakt zu einem Corona-Fall hatte?

Die Quarantäne kann nur dann eingreifen, wenn sie behördlich angeordnet wurde. Die Meldung beinhaltet nur den Hinweis, dass ein erhöhtes Infektionsrisiko vorliegt. Es legt nahe, telefonisch mit dem Hausarzt oder dem Gesundheitsamt Kontakt aufzunehmen, um das weitere Verhalten und eine mögliche Testung abzusprechen.

Welche arbeitsrechtlichen Folgen hat der mögliche Infektionsverdacht?

Wenn das zuständige Gesundheitsamt eine Quarantäne anordnet (§ 30 IfSG), dann kann die Arbeitsleistung in dieser Zeit – vorbehaltlich der kurzfristigen Einführung von Homeoffice, was für Mitarbeiter in der Verwaltung möglich wäre, aber nicht für Mitarbeiter in der direkten Pflege – nicht erbracht werden. In dieser Zeit erhält der Arbeitnehmer seinen Lohn weiter und der Arbeitgeber erhält die ausgezahlten Beträge auf Antrag von der Behörde erstattet werden (§ 56 Abs. 5 Infektionsschutzgesetz).

Wenn keine Quarantäne angeordnet wird, dann muss der Arbeitgeber Maßnahmen ergreifen, um die Infektionsrisiken am Arbeitsplatz zu vermeiden. Obwohl die Nutzung der App freiwillig ist, muss der Arbeitgeber angemessen reagieren. In der direkten Pflege kann er den Arbeitnehmer wohl nicht mehr einsetzen, denn das Risiko ist zu groß. Möglich wären isolierende Maßnahmen, das Angebot auf bezahlten oder unbezahlten Urlaub, eine Freistellung unter Fortzahlung der Vergütung für den Zeitraum der Inkubationszeit. Dies richtet sich immer nach der Bedrohung und den Gegebenheiten im Einzelfall.

Wenn der Arbeitnehmer in einem solchen Fall auf die Testung wartet, ist er dann arbeitsunfähig und bekommt er dann sein Gehalt weiter?

Sofern keine akuten Krankheitssymptome vorliegen, ist der Arbeitnehmer arbeitsfähig. Wer dann zur Arbeit geht, ist verpflichtet, den Arbeitgeber über den Umstand der Warnung durch die APP zu informieren. Der Arbeitgeber entscheidet dann, ob er den Arbeitnehmer wieder nach Hause schickt, um die anderen Arbeitnehmer zu schützen. In diesem Fall gibt es aber keine Entgeltfortzahlung, weil es keine Verpflichtung des Arbeitgebers gibt, Entgeltfortzahlung zu leisten. Nur in dem Fall, in dem das Gesundheitsamt die Quarantäne anordnet, ist der Arbeitgeber verpflichtet, den Lohn weiterzuzahlen.

Wer zahlt den Corona-Test für Arbeitnehmer, wenn die Corona-Warn-App mich benachrichtigt, dass ich Kontakt zu einem Corona-Fall hatte?

Immer wenn der Hausarzt oder die Gesundheitsbehörde den Test veranlassen, übernehmen die Krankenkasse die Kosten.

Welche Beteiligungsrechte hat der Betriebs- oder Personalrat?

Immer wenn es um allgemeine Verhaltensregelungen geht, hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht, § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG. Dies umfasst bereits den Ausspruch einer Empfehlung zur Nutzung der APP. Die APP stellt auch die die Verwendung eines technischen Mittels zur Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Arbeitsschutzvorschriften dar, so dass auch nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG ein Mitbestimmungsrecht bestehen kann.

Bin ich als Arbeitnehmer verpflichtet, eine Infektion oder einen Verdacht meinem Arbeitgeber mitzuteilen?

Ja, bereits bei einem Verdacht muss ich dies meinem Arbeitgeber mitteilen. Alle Verstöße können durch Abmahnungen oder Kündigungen sanktioniert werden. Wenn man weiter denkt, dass kann eine unterlassene Meldung auch zu einen Schadensersatzanspruche des Arbeitgebers gegen den Arbeitnehmer führen.

Kurzarbeit

Was ist Kurzarbeitergeld?

Die Agentur für Arbeit zahlt das Kurzarbeitergeld als teilweisen Ersatz für den durch einen vorübergehenden Arbeitsausfall entfallenen Lohn. Der Arbeitgeber wird dadurch bei den Kosten der Beschäftigung der Mitarbeitenden entlastet. So können Unternehmen ihre Mitarbeitenden auch bei Auftragsausfällen weiter beschäftigen. Das Kurzarbeitergeld hilft also, Kündigungen zu vermeiden.

Welche Rahmenbedingungen müssen erfüllt sein, um Kurzarbeitergeld bekommen zu können?

Kurzarbeitergeld kann gewährt werden, wenn

  • zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine arbeitsrechtliche Reduzierung der Arbeitszeit vereinbart wurde und damit ein erheblicher Arbeitsausfall mit Entgeltausfall einhergeht.
  • Der Arbeitsausfall beruht auf wirtschaftlichen Gründen oder auf einem unabwendbaren Ereignis (z.B. Hochwasser, behördliche Anordnung).
  • Der Arbeitsausfall ist unvermeidbar und der Betrieb hat alles getan, um ihn zu vermindern oder zu beheben (z.B. Nutzung von Resturlaub/ Arbeitzeitkonten).
  • Der Arbeitsausfall ist vorübergehender Natur. Das bedeutet, dass innerhalb der Bezugsdauer grundsätzlich wieder mit dem Übergang zur regulären Arbeitszeit gerechnet werden kann.
  • Der Arbeitsausfall wurde der Agentur für Arbeit angezeigt.
  • Der Mitarbeiter setzt nach Beginn des Arbeitsausfalls eine versicherungspflichtige Beschäftigung fort und es erfolgt keine Kündigung.
  • Der Arbeitsausfall ist erheblich. Das bedeutet, dass mindestens ein Drittel der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von einem Entgeltausfall von jeweils mehr als zehn Prozent ihres monatlichen Bruttoentgelts betroffen ist.
Folgende Erleichterungen gelten in der Corona Krise zunächst befristet bis zum 31.12.2021:
  • Für Betriebe, die bis 31. März 2021 mit Kurzarbeit begonnen haben, reicht es weiterhin aus, wenn mindestens 10 Prozent der Beschäftigten von Arbeitsausfall betroffen sind. Sonst muss mindestens ein Drittel der Beschäftigten betroffen sein.
  • Mitarbeiter müssen auch weiterhin keine Minusstunden aufbauen, bevor Kurzarbeitergeld gezahlt werden kann, wenn mit der Kurzarbeit bis zum 31. März 2021 begonnen wurde.
  • Auch für Leiharbeitnehmer gilt, dass sie Kurzarbeitergeld erhalten, wenn der Verleihbetrieb bis zum 31. März 2021 Kurzarbeit eingeführt hat.
  • Die Bezugsdauer des Kurzarbeitergeldes wurde auf bis zu 24 Monate, längstens bis zum 31. Dezember 2021, verlängert.
  • Bis zum 30. Juni 2021 werden die Beiträge zur Sozialversicherung an die Arbeitgeber in voller Höhe erstattet. Für Betriebe, die bis dahin Kurzarbeit eingeführt haben, werden die Sozialversicherungsbeiträge anschließend bis Dezember 2021 hälftig von der Bundesagentur für Arbeit erstattet
  • Wenn Mitarbeiter in Kurzarbeit einen Entgeltausfall von mindestens 50 Prozent haben, wird das Kurzarbeitergeld ab dem vierten Bezugsmonat – gerechnet ab März 2020 – auf 70 Prozent (77 Prozent für Haushalte mit Kindern) angehoben.
  • Ab dem siebten Monat Kurzarbeit steigt das Kurzarbeitergeld auf 80 Prozent (87 Prozent für Haushalte mit Kindern) des entfallenen Nettoentgelts. Diese Regelungen worden ebenfalls bis zum 31. Dezember 2021 für alle Beschäftigten verlängert, deren Anspruch auf Kurzarbeitergeld bis zum 31. März 2021 entstanden ist.
Für wen gilt der Anspruch auf Kurzarbeitergeld wenn die Kurzarbeit nach dem 31.3.2021 eingeführt wird?

Für alle ungekündigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die durch die Kurzarbeit einen Gehaltsausfall von über 15 Prozent haben und weiterhin versicherungspflichtig beschäftigt sind.

Wie schnell kann Kurzarbeit eingeführt werden?

Kurzarbeit kann bei Auftragsausfällen durch entsprechende Vereinbarungen zur Reduzierung der Arbeitszeit im Betrieb sehr kurzfristig eingeführt und der örtlichen Agentur für Arbeit angezeigt werden. Der Arbeitgeber berechnet das Kurzarbeitergeld und zahlt es an die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus. Anschließend wird ein Erstattungsantrag bei der örtlichen Agentur für Arbeit gestellt, die nach Prüfung der Antragsunterlagen das gezahlte Kurzarbeitergeld dem Arbeitgeber umgehend erstattet.

Was ist zur Beantragung von Kurzarbeitergeld zu tun?

Anzeige und Beantragung von Kurzarbeitergeld erfolgen in einem zweistufigen Verfahren:

  • Der Arbeitsausfall wird vom Arbeitgeber oder von der Betriebsvertretung bei der zuständigen Agentur für Arbeit schriftlich angezeigt. Zuständig ist die Agentur für Arbeit, in deren Bezirk der Betrieb seinen Sitz hat.
  • Die Agentur für Arbeit entscheidet unverzüglich, ob die Voraussetzungen für die Zahlung von Kurzarbeitergeld dem Grunde nach vorliegen. Der Arbeitgeber errechnet das Kurzarbeitergeld und zahlt es an die Beschäftigten aus.
  • Im Anschluss daran richtet der Arbeitgeber einen schriftlichen Antrag auf Erstattung des von ihm verauslagten Kurzarbeitergeldes an die Agentur für Arbeit in deren Bezirk die für den Arbeitgeber zuständige Lohnabrechnungsstelle liegt.
  • Der Antrag ist innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten einzureichen. Die Frist beginnt mit Ablauf des Kalendermonats (Anspruchszeitraums), in dem die Tage liegen, für die Kurzarbeitergeld beantragt wird.
Müssen Beschäftigte ihren Resturlaub vor Beginn des Bezugs von Kurzarbeitergeld genommen haben?
  • Bestehen noch übertragbare Urlaubsansprüche aus dem Vorjahr, sind diese zur Vermeidung der Zahlung von Kurzarbeitergeld einzubringen. Etwas anders gilt, wenn vorrangige Urlaubswünsche der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zur anderweitigen Nutzung des Resturlaubs entgegenstehen.
  • Urlaub aus dem laufenden Kalenderjahr ist nur dann einzusetzen, wenn der Arbeitnehmer noch frei darüber verfügen kann. Ist der Urlaub bereits beantragt und genehmigt, so kann er nicht mehr eingesetzt werden.
In welcher Höhe wird Kurzarbeitergeld gezahlt?

Das Kurzarbeitergeld berechnet sich nach dem Nettoentgeltausfall. Die Kurzarbeiter erhalten grundsätzlich 60 % des ausgefallenen pauschalierten Nettoentgelts. Lebt mindestens ein Kind mit im Haushalt beträgt das Kurzarbeitergeld 67 % des ausgefallenen pauschalierten Nettoentgelts.

Wie lange wird Kurzarbeitergeld gezahlt?

Die gesetzliche Bezugsdauer für das Kurzarbeitergeld beträgt 12 Monate. Sie kann durch Rechtsverordnung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales auf bis zu 24 Monate verlängert werden.

Einsatz Betreuungskräfte

Müssen zusätzliche Betreuungskräfte nach §43b SGB XI, die gemäß der Betreuungskräfterichtlinie nicht dauerhaft und regelmäßig für pflegerische Tätigkeiten herangezogen werden dürfen, jetzt doch dafür zur Verfügung stehen? Dürfen sie einen solchen Wunsch der Einrichtung ablehnen?

Das ist eine arbeitsrechtliche Frage. Es geht um die rechtliche Verpflichtung, Anweisungen des Arbeitgebers zu folgen. Hier gilt, dass der Arbeitnehmer rechtmäßigen Weisungen zu folgen hat; unbilligen Weisungen jedoch nicht. Grundsätzlich darf der Arbeitgeber alle Leistungen von Arbeitnehmer einfordern, die in den Tätigkeitsbereich der Betreuungskraft fallen. Dazu gehören jedoch auch alles sonstigen Hilfsarbeiten, die mit der Hauptleitungspflicht in Verbindung stehen (BAG, Urteil vom 28.06.2018, AZ.: 2 AZR 436/17). Sofern jedoch die Umstände des Einzelfalls den Einsatz einer Betreuungskraft in der Pflege erfordern, ist auch einer solchen Weisung nachzukommen. Dagegen könnte nur sprechen, dass Gründe in der Person des Mitarbeiters den Einsatz unmöglich machen, z.B. der Einsatz in der direkten Pflege würde nicht wiedergutzumachenden körperlichen Verletzungen hervorrufen.

Verdachtsfälle und Neuaufnahmen

Wie muss mit infizierten Bewohnern und Verdachtsfällen in Pflegeeinrichtungen umgegangen werden (Beispiel NRW)?

Die zuständige untere  Gesundheitsbehörde und die zuständige Behörde nach dem Wohn- und Teilhabegesetz sind über infizierte Bewohner oder Mitarbeitende unverzüglich zu informieren. Ebenso wie Bewohner oder deren gesetzliche Vertreter. Bewohner der stationärer Pflegeeinrichtung, die ausweislich eines PCR-Tests infiziert oder Kontaktpersonen ersten Grades nach Definition des RKI sind oder bei denen der konkrete Verdacht auf eine SARS-CoV-2-Infektion besteht, sind nach den Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts getrennt von den anderen Bewohnerinnen und Bewohnern der Pflegeeinrichtung unterzubringen, zu pflegen, zu betreuen und zu versorgen. Dies betrifft auch infizierte Pflegebedürftige, die nach Abschluss der Behandlung aus einem Krankenhaus oder einer medizinischen Rehabilitation wieder in die Einrichtung zurückkehren.

Die isolierte Versorgung erfolgt in der Regel in vorhandenen Einzelzimmern der Einrichtung.

Nach der letzten Änderung setzt eine Isolierung nicht zwingend voraus, dass zuerst die untere Gesundheitsbehörde dies genehmigt. Dies kann durch die Einrichtungsleitung entschieden werden. Jedoch ist die Behörde unverzüglich zu informieren. Dies kann dann die Anordnung zur Isolierung erlassen.

Was muss in NRW bei einer Aufnahme in eine Pflegeeinrichtung beachtet werden?

Am Tag der Aufnahme ist durch die Pflegeeinrichtung bei Pflegebedürftigen ein Kurzscreening  nklusive Temperaturmessung durchzuführen. Sind Pflegebedürftige selbst nicht auskunftsfähig, ist mit Vertretungsberechtigten ein Gespräch zu führen, in dem festzustellen ist, inwieweit seit der erforderlichen PCR-Testung 48 Stunden vor Aufnahme Risikokontakte bestanden haben oder ob Symptome einer Covid-19-Erkrankung bestehen. Nach der Aufnahme ist die aufgenommene Person verpflichtet, bei einem Verlassen des Zimmers einen Mund-Nase-Schutz zu tragen und einen Mindestabstand von 1,5 Metern zu anderen Personen zu achten. Diese Verpflichtung endet, wenn das Ergebnis der am sechsten Tag nach der Aufnahme durchgeführten PCR-Testung negativ ist. Des Weiteren müssen die Hygieneregeln in Bezug auf Niesen, Husten und Händewaschen konsequent beachtet werden.

Besuche

Welche Anforderungen werden in NRW an einrichtungsbezogene Besuchskonzepte in Pflegeeinrichtungen gestellt?

Zunächst braucht jede Einrichtung ein Besuchskonzept, das die einrichtungsbezogenen Rahmenbedingungen beachtet und regelmäßig fortzuschreiben ist. An diesem Konzept muss der Beirat mitwirken, und es ist den Bewohnern und Angehörigen mitzuteilen. Das Besuchskonzept muss insbesondere folgende Maßnahmen enthalten

– Jeder Bewohner kann täglich Besuch empfangen.

– Die Besuche müssen vormittags und nachmittags, an Wochenenden und Feiertagen möglich sein.

-Die Besuchsdauer darf nicht zeitliche begrenzt werden.

– Die Besuche sind auf zwei Besuche pro Tag und Bewohner, durch maximal zwei Personen im Innenbereich und auf jeweils vier Personen pro Besuch im Außenbereich beschränkt.

– Die Besucher sind durch Aushang über die aktuellen Hygienevorgaben (Tragen einer FFP2-Maske innerhalb der Pflegeeinrichtung, Nieshygiene, Handdesinfektion, Abstandsgebot usw.) zu informieren und zur Einhaltung anzuhalten.

– Jeder Besucher ist bei jedem Besuch durch ein Kurzscreening (Erkältungssymptome, SARS-CoV-2-Infektion, Kontakt mit Infizierten oder Kontaktpersonen ersten Grades gemäß der Richtlinie des Robert-Koch-Instituts) einschließlich Temperaturmessung zu überprüfen.

– Ein Zutritt zu der Einrichtung ist nur möglich, wenn sich bei dem Kurzscreening keine Hinweise darauf ergeben, dass durch den Besucher das SARS-CoV-2-Virus oder ein anderer Krankheitserreger in die Einrichtung eingetragen werden.

– Wird durch den Besucher das Kurzscreening verweigert, so ist der Zutritt zur Einrichtung durch die Einrichtungsleitung zu versagen.

– Zutrittsverbote sind während der Sterbephase ausgeschlossen.

– Besucher haben sich vor dem Besuchskontakt die Hände zu desinfizieren.

– Besucher haben einen grundsätzlichen Abstand von mindestens 1,5 Metern zur besuchten Person einzuhalten.

– Sofern während des Besuchs die besuchende Person eine FFP2-Maske und die besuchte Person mindestens einen Mund-Nase-Schutz nutzt und vorher sowie hinterher bei den beteiligten Personen eine gründliche Handdesinfektion erfolgt ist, ist die Einhaltung des Mindestabstands nicht erforderlich. In diesem Fall sind auch körperliche Berührungen zulässig.

– Die Einrichtung muss ein Besuchsregister führen. Es hat folgende Informationen zu enthalten:

  • Name des Besuchers
  • Telefonnummer des Besuchers
  • Datum und die Uhrzeiten von Beginn und Ende des Besuchs
  • Besuchter Bewohner

– Die Daten sind vier Wochen aufzubewahren und anschließend zu vernichten.

– Werden die benötigten  Informationen  nicht  zur Verfügung gestellt, soll die Einrichtungsleitung den Zutritt versagen.

– Besuche auf den Bewohnerzimmern sind zuzulassen. Eine Vertraulichkeit des Besuchs ist zu gewährleisten.

– Während des Besuchs tragen damit die Bewohnerinnen und Bewohner und die Besucherinnen und Besucher die Verantwortung für die Einhaltung des Infektionsschutzes im Zimmer.

– Erfolgt der Besuch in einem gesonderten Besucherbereich, bei dem ein infektionsgefährdender Kontakt zwischen besuchenden und besuchten Personen baulich oder durch sonstige Maßnahmen (z. B. Schutzfenster, Trennscheiben) unterbunden ist, kann auf weitere additive Schutzvorkehrungen (FFP2-Maske und Mindestabstand) verzichtet werden.

Welche Besuchsbeschränkungen in atypischen Situationen sind in NRW möglich?

Sollte in Einrichtung in NRW ein geordnetes Besuchermanagement zeitweise nicht möglich sein, weil eine atypische Situation vorliegt und dadurch die ordnungsgemäße Versorgung der Bewohner nicht sichergestellt werden kann, so können die WTG-Behörden oder die untere Gesundheitsbehörde Besuchsbeschränkungen oder Verbote verhängen. Dies kann der Fall sein, wenn pandemiebedingte Personalengpässe bestehen oder bei einem gleichzeitig außergewöhnlich stark erhöhten Besucherandrang.

Gruppenangebote

Unter welchen Voraussetzungen sind Angebote in Kleingruppen möglich?

Diese Angebote dürfen nicht gegen die in jedem Bundesland geltenden Kontaktbeschränkungen verstoßen. In NRW gilt dies  jedoch nur für Zusammenkünfte im öffentlichen Raum, dort dürfen nicht mehr als fünf Personen zusammen kommen. Spaziergänge von Senioren bleiben in Begleitung anderer Bewohner oder durch das Pflegepersonal der Einrichtung auch mit mehr als fünf Teilnehmern zulässig, wenn der Mindestabstand nicht eingehalten werden kann.

In NRW sind z.B. alle öffentlichen Veranstaltungen in Pflegeheimen verboten, das sind Lesungen, Vorträge und Informationsveranstaltungen usw. Auch Cafés oder Restaurants in Einrichtungen dürfen nicht mehr geöffnet sein, mit Ausnahme der Versorgung von Bewohnern und Beschäftigen, wobei jedoch Zutrittsreglungen, Abstandregelungen und die Vermeidung von Warteschlangen gewährleistet sein müssen.

Da die Gruppenangebote nicht in der Öffentlichkeit stattfinden, sind sie nicht durch das Kontaktverbot betroffen. Dennoch sind auch hier die Abstandsregelungen einzuhalten, um eine Gefährdung der Bewohner, die alle einem besonderen Risiko unterliegen, zu vermeiden.

Bewegungsfreiraum von Bewohner:innen

Darf die Pflegeeinrichtung orientierten Bewohnern verwehren, die Einrichtung zu verlassen?

Hierzu muss man sich in jedem Bundesland die aktuell gültige Norm ansehen. In NRW ist das die „Verordnung zum Schutz vor Neuinfizierungen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2“. Danach dürfen Bewohner die Einrichtungen jederzeit verlassen. Bei ihrer Rückkehr und drei Tage danach müssen sie sich einem Schnelltest unterziehen.

Darf die Einrichtung orientierten Bewohnern verwehren, ihr Zimmer/Apartment zu verlassen?

Die Bewegungsfreiheit innerhalb der Einrichtung ist nicht begrenzt. Die Einrichtungsleitung darf nur bei Vorliegen besonderer Umstände eine Isolation im Zimmer anordnen. Insbesondere dann, wenn von den Bewohnern eine Gefahr für andere Bewohner oder Mitarbeiter ausgeht. Das ist der Fall, wenn ein Bewohner sich mit dem Virus infiziert hat oder die Gefahr einer Infektion besteht.

Arbeitsschutz

Dürfen es Betreuende ablehnen, ohne Schutzkleidung zu arbeiten, wenn diese in der Einrichtung Mangelware ist?

Solange Schutzkleidung vorhanden ist, ist diese zu verwenden. Sollte keine Möglichkeit des Schutzes mehr bestehen, so müssen alle notwendigen und erforderlichen Arbeiten auch ohne die persönliche Schutzausrüstung erledigt werden. Es ist dann jedoch eine Abwägung vorzunehmen, welche Arbeiten erforderlich sind. Dazu muss dann ggfs. die Betreuung hinter der direkten Pflege zurücktreten.

Wenn der Arbeitgeber keine Schutzkleidung stellen kann: Sollten Mitarbeiter sich selbst einen Mundschutz anfertigen?

Auf jeden Fall! Jeder Mitarbeiter sollte sich so gut wie möglich selbst schützen.

Haben Betreuende das Recht, aus Sorge um die eigene Gesundheit den Dienst zu verweigern, speziell, wenn es schon infizierte Bewohner gibt?

Nein, die Arbeit in einer solchen Einrichtung ist eine sog. gefahrgeneigte Arbeit. Ein Recht die Arbeit zu verweigern besteht nicht, auch wenn es bereits infizierte Bewohner gibt.

Kann der Arbeitgeber Urlaub verweigern?

Hier gilt auch während der Corona-Krise das Urlaubsrecht. Der Arbeitgeber hat ein Recht auf Urlaub. Sobald er einen Antrag auch Urlaub stellt, hat der Arbeitgeber diesen zu genehmigen, es sei denn dringende betriebliche Gründe oder der vorrangige Urlaub anderen Arbeitnehmer stehen dagegen.

Und umgekehrt: Kann der Arbeitgeber Urlaub anordnen? Etwa aus Sorge um Mitarbeiter, die zu einer Risikogruppe gehören?

Auch während der Corona-Krise kann der Arbeitgeber den Urlaub nicht einseitig anordnen. Die rechtmäßige Urlaubsgewährung setzt immer einen Antrag des Arbeitnehmers voraus. Gemeinsam können Arbeitgeber und Arbeitnehmer aber entsprechende Vereinbarungen jederzeit treffen, wobei der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht gegen dessen Willen dazu zwingen kann Urlaub zu nehmen.