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Strukturelle Unterschiede erschweren Integration ausländischer Pflegekräfte

Erfahrungen, die Pflegefachkräfte aus dem Ausland mitbringen, könnten jedoch die in Deutschland notwendigen Reformen der Arbeitsorganisation und Aufgabenteilung voranbringen. Dies ist eines der Ergebnisse einer aktuellen Studie der Hans-Böckler-Stiftung.

Differenzen und Missverständnisse, die häufig auf Unterschieden in der Ausbildung und der gewohnten Arbeitsteilung zwischen medizinischem Personal, Pflege- und Hilfskräften beruhen, werden oft stereotyp mit „kulturellen Unterschieden“ erklärt.
- Forscher empfehlen, Pflegekräften genug Zeit für fachlichen Austausch und Konfliktlösung einzuräumen und dazu geeignete Foren einzurichten.Foto: Werner Krüper

Die Zahl der Fachkräfte für Gesundheits- und Krankenpflege, die pro Jahr nach Deutschland kommen, ist von knapp 1.500 im Jahr 2012 auf über 8.800 im Jahr 2017 gestiegen. "Doch viele bleiben nicht", berichtet Dr. Minna-Kristiina Ruokonen-Engler vom Institut für Sozialforschung an der Universität Frankfurt. "Das ist angesichts des hohen Aufwands für beide Seiten eine unbefriedigende Situation." Wie läuft die betriebliche Integration am Arbeitsplatz Pflege, wo liegen die Probleme? Dieser Frage geht eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung auf den Grund.

Die Sozialwissenschaftlerin und ihre Kollegen haben insgesamt 60 einheimische und zugewanderte Pflegefachkräfte sowie ihre Vorgesetzten zu ihren Erfahrungen befragt. Ein Ergebnis: "Viele Pflegefachkräfte aus dem Ausland sind frustriert, weil sie das Gefühl haben, ‚unter Wert’ arbeiten zu müssen", sagt Ruokonen-Engler. Im Gegensatz zu Deutschland haben nämlich Pflegefachkräfte zum Beispiel aus Spanien, Portugal, Griechenland und Polen an Hochschulen studiert und sind es gewohnt, mehr medizinnahe Tätigkeiten und Management-Aufgaben zu übernehmen, die in Deutschland meistens Ärztinnen und Ärzten vorbehalten sind. Betten machen oder Waschen der Patienten sind in ihren Herkunftsländern oft Tätigkeiten, die Hilfskräfte übernehmen.

Einheimische Pflegefachkräfte monieren wiederum die "Praxisferne" der ausländischen Kollegen. "Die Konflikte werden oft stereotyp auf kulturelle Unterschiede zurückgeführt, dabei handelt es sich eigentlich um strukturelle Unterschiede, was Ausbildung und Arbeitsabläufe angeht", erklärt Ruokonen-Engler. Diese "Kulturalisierung" verschärfe oft die Spannungen am Arbeitsplatz. "Ein interkulturelles Kompetenztraining ist nicht die alleinige Lösung, denn im schlimmsten Fall verstärkt oder produziert es neue Stereotype", betont die Sozialwissenschaftlerin. "Es gilt, sich mehr über die Unterschiede im beruflichen Selbstverständnis und über die unterschiedlichen Erwartungen im Arbeitsalltag auszutauschen." Alle sollten sich mehr um ein respektvolles Arbeitsklima und transparente Kommunikation bemühen, so Ruokonen-Engler. "Im besten Fall können die Erfahrungen, die Pflegefachkräfte aus dem Ausland mitbringen, die in Deutschland notwendigen Reformen der Arbeitsorganisation und Aufgabenteilung voranbringen."