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Appell aus Essen: Pflege zur Chefsache machen
Die ALTENPFLEGE ist auch immer ein Ort der pflegepolitischen Debatte. So auch heute bei der Eröffnung des Messekongresses. Ernüchternd und enttäuscht bewerteten die Redner die aktuelle Pflegepolitik der Ampel-Regierung. „Das Thema Pflege muss zur Chefsache gemacht werden“, so die einhellige Meinung.

„Wir wollen auch in diesen instabilen Zeiten den Blick nach vorne richten“, sagte Steve Schrader, Altenheim-Chefredakteur, der die Eröffnung des Messekongresses mit Lukas Sander, Chefredakteur Häuslich Pflege, moderierte. Die Herausforderungen in der Branche sind nicht neu, bei vielen zentralen Fragen braucht es aber politische Antworten.
„Es ist sehr verhalten, was in Sachen Pflege aus Berlin kommt“, analysierte Prof. Thomas Klie in seiner Keynote „Zeitenwende – auch in der Pflege: Zwischen Ernüchterung und Aufbruch“ die pflegepolitische Agenda der Ampel. „Die Regierung schaltet in der Pflegepolitik nicht auf Grün.“ Die Herausforderungen seien nicht wirklich neu: ausreichend Fach- und Assistenzkräfte, Arbeitsbedingungen, gleiche Lebensbedingungen für auf Pflege angewiesene Menschen, Stabilisierung und Sicherung der häuslichen Pflege, Finanzierung der Langzeitpflege, Eigenverantwortung der Pflegekräfte stärken, bedarfsgerechte und effiziente regionale Gesundheitsversorgung usw.
Zwar, so Klie, stehe im Koalitionsvertrag einiges drin, aber was werde umgesetzt unter dem Eindruck leerer Kassen? Derzeit sei das zentrale Thema in Berlin, die Zahlungsunfähigkeit der Pflegeversicherung abzuwenden. Die Schuldenlast nach Corona ist erdrückend. Sein Eindruck: die pflegepolitische Performance habe keine große Priorität. „Die Sichtbarkeit pflegepolitischer Anliegen ist gering. Es gibt kein BMGP. Lauterbach ist Wissenschaftler, aber kein Minister. Die Pflegebevollmächtigte setzt eine eigene Agenda, der finanzielle Spielraum ist gleich Null.“ Immerhin: Es gibt eine Abteilung Pflege im BMG mit Martin Schölkopf als dessen Leiter. Klies Fazit: Es braucht eine neue Architektur der Pflege, in der die Profession der Pflege die zentrale Rolle spielt.
In der anschließenden Diskussion mit Vertretern der Fachbände wurde Klies Einschätzung der pflegepolitischen Agenda unterstrichen. So sagte Stefan Baumann (VDAB): „Wir brauchen eine ehrliche Debatte mit allen Vertretern der Pflege und dem Ziel, mit den begrenzten Ressourcen die Versorgungssicherheit in der Breite sicher zu stellen.“ Bernd Meurer (bpa) sieht „mit Sicherheit keinen Aufbruch“. Burkhardt Zieger (DBfK Nordwest) sagte mit Blick auf Vorbehaltsaufgaben und der Übertragung heilkundlicher Aufgaben: „Wir verlangen nichts Geringeres als einen Systemwechsel.“
Die ALTENPFLEGE 2022 findet vom 26. bis 28. April 2022 in Essen statt. Leitthemen sind Digitalisierung, Quartier und Nachhaltigkeit. Mehr dazu unter www.altenpflege-messe.de.
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