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Beschäftigte sollen stundenweise arbeiten dürfen

Der Ärzteverband Marburger Bund hat in Berlin eine neue
Form der Krankschreibung vorgeschlagen, bei der
Beschäftigte trotz Krankheit stundenweise arbeiten
könnten.

- Der Vorschlag des Ärzteverbandes stößt bei der Gewerkschaft Verdi auf wenig Begeisterung. Foto: Adobe Stock/ Stockfotos-MG

Die sogenannte Arbeitsminderungs-Bescheinigung stößt
beim Südwest-Ableger der Gewerkschaft Verdi auf Kritik.
Durch sie bestehe die Gefahr, dass der Arbeitgeber
schon frühzeitig Rückschlüsse auf das Krankheitsbild
ziehen könne, sagte Verdi-Landesbezirksleiter Martin
Gross im Radioprogramm SWR Aktuell.

"Wir haben nach wie vor einige Betriebe, die
olympiareife Belegschaften wollen. Da ist der Schutz
des Arbeitnehmers wichtiger", sagte Gross. Wenn
überhaupt, sollten Arbeitsminderungs-Bescheinigungen
nur auf Wunsch des Arbeitnehmers erstellt werden
dürfen. Die Entscheidung allein dem Arzt zu überlassen,
lehnte Gross ab. "Ich glaube, dass es gut gemeint ist,
aber dass Mediziner oft den arbeitsrechtlichen Aspekt,
was Arbeitgeber daraus machen können, nicht
berücksichtigen."

Der Ärzteverband hatte die neue Form der Bescheinigung
vorgeschlagen, um lange komplette Krankschreibungen zu
vermeiden. "Viele erkrankte Arbeitnehmer könnten
wahrscheinlich schneller genesen und würden weniger
lange dem Arbeitsprozess fernbleiben, wenn es nicht nur
die Wahl zwischen Arbeitsfähigkeit und
Arbeitsunfähigkeit gäbe", sagte der Vorsitzende des
Bundes, Rudolf Henke, der Deutschen Presse-Agentur.
Ärzte sollten zum Beispiel verordnen können, dass ein
Patient am Tag vier oder sechs Stunden Schonung
bekommt.

Damit Arbeitnehmer gar nicht erst krank werden, ist
laut einer aktuellen Studie eine gute Arbeitsatmosphäre
wichtig. Am wichtigsten ist 98,4 Prozent der Befragten,
sich am Arbeitsplatz wohlzufühlen, wie das
Wissenschaftliche Institut der AOK (WIdO) mitteilte.
Dass dies zutrifft, sagten aber nur 84,4 Prozent.
Passten bei Befragten der Wunsch nach sinnerfüllender
Tätigkeit und die Wirklichkeit gut zusammen, kamen sie
nach eigenem Bekunden auf 9,4 Krankheitsfehltage im
vergangenen Jahr. Passte beides nur schlecht zusammen,
waren es demnach 19,6 Fehltage.

"Für das Sinnerleben sind den meisten Beschäftigten vor
allem persönlich und sozial motivierte Aspekte ihrer
Arbeit wichtig", sagte der stellvertretender
WIdO-Geschäftsführer Helmut Schröder. "Leider stimmen
gerade hier Wunsch und Wirklichkeit oft nicht überein."

Laut einer Auswertung der
Techniker Krankenkasse haben Altenpflegekräfte ein
doppelt so hohes Risiko, erwerbs- oder berufsunfähig zu
werden, wie andere Berufsgruppen.