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Bundestagsjuristen zweifeln an Bayerns Infektionsschutzgesetz

Das bayerische Infektionsschutzgesetz zur Corona-Pandemie stößt beim wissenschaftlichen Dienst des Bundestags auf rechtliche Zweifel. Konkret bezieht sich die Kritik auf die Kompetenzen des Staates, medizinisches Material zu beschlagnahmen und medizinisches sowie pflegerisches Personal für bestimmte Arbeiten zu verpflichten.

- Das bayerische Infektionsschutzgesetz stößt beim wissenschaftlichen Dienst des Bundestags auf rechtliche Zweifel. Foto:franjo/adobeStock

Das fünfseitige Gutachten, welches der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, wurde im Auftrag des Bundestagsabgeordneten Niema Movassat (Linke) erstellt.

Am 25. März hatte der bayerische Landtag das Infektionsschutzgesetz beschlossen. Alle sechs Fraktionen stimmten dem in Rekordzeit erarbeiteten Gesetz zu. Um diese Befugnisse nutzen zu können, muss die Regierung aber zuvor den Gesundheitsnotstand ausrufen, dies ist nach Angaben dees Gesundheitsministeriums aber noch nicht erfolgt.

Darüber hinaus wies das Ministerium in München auch die Kritik des Gutachtens zurück: Im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung hätten die Länder laut Grundgesetz die Befugnis zur Gesetzgebung, "solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat", sagte ein Sprecher. Da das Infektionsschutzgesetz des Bundes (IfSG) von dieser Gesetzgebungskompetenz keinen abschließenden Gebrauch gemacht habe, durften die Regelungen des Bayerischen Infektionsschutzgesetzes auf dieser Grundlage erlassen werden.

Die Bundestagsjuristen sehen dies anders. Da die Beschlagnahmungen auch im IfSG geregelt seien, sehen sie eine direkte Konsequenz für das bayerische Gesetz: "Es dürfte daher davon auszugehen sein, dass § 5 Abs. 2 Nr. 4 IfSG eine Sperrwirkung in Bezug auf Regelungen zur Versorgung der Bevölkerung mit medizinischem und sanitärem Material bewirkt", heißt es wörtlich im Gutachten.

Noch kritischer wird in Berlin die Verpflichtungsoption für Mediziner und Pfleger interpretiert. Das Bundesgesetz enthält eine solche Regelung nicht, obwohl dies auch ursprünglich angedacht war. "Die Tatsache, dass der Bund einen bestimmten Bereich ungeregelt gelassen hat, bedeutet jedoch nicht notwendigerweise, dass daraus eine Regelungskompetenz der Länder folgt", heißt es im Gutachten.

"Markus Söder geriert sich bundesweit als starker Mann im Kampf gegen den Coronavirus. Doch mit dem Grundgesetz nimmt er es nicht ganz so genau", sagte Movassat. Bayern habe gar kein Infektionsschutzgesetz erlassen dürfen. "Das Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes ist eindeutig."