Ausbildung

Kritik an „Ehrenpflegas“ reißt nicht ab

Die Kritik an der Miniserie „Ehrenpflegas“, mit der das Bundesfamilienministerium junge Menschen für den Pflegeberuf begeistern will, reißt nicht ab. Nachdem der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) das Projekt massiv gerügt hatte (wir berichteten), legen jetzt weitere Verbände und Vereinigungen aus der Pflege nach.

Kampagne "Ehrenpflegas" des des Bundesgesundheitsministeriums
Foto: Screenshot der Kampagne "Verzerrtes Bild des Pflegeberufs": Die Serie "Ehrenpflegas" des Bundesfamilienministeriums kommt unter Pflegenden alles andere als gut an.

So etwa die Landespflegekammer Rheinland-Pfalz mit Sitz in Mainz. „Es besteht die große Sorge, dass das Ansehen unseres Berufsstandes durch solche Kampagnen immer mehr leidet“, sagt Kammerpräsident Dr. Markus Mai, „es ist kontraproduktiv, ein so verzerrtes Bild des Pflegeberufs in die Öffentlichkeit zu tragen. Weder Pflegefachpersonen noch den Pflegebedürftigen ist damit geholfen.“ Insbesondere das in den Videos illustrierte Bild der Altenpflege werde „der außerordentlichen Leistung vieler Kolleginnen und Kollegen nicht einmal ansatzweise gerecht“ und könne das Ziel der Nachwuchsgewinnung gefährden.

Ähnlich sehen das die Mitarbeiter der Pflegekammer Niedersachsen mit Sitz in Hannover. „Leider entsteht der Eindruck, dass Pflegeberufe das Sammelbecken für gescheiterte Existenzen sind“, kritisiert Vorstandsmitglied Benjamin Schiller die „Ehrenpflegas“-Kampagne, „die Darstellung des Berufs erfolgt viel zu oberflächlich und ist auf typische Klischees reduziert.“ Vielleicht werde mit diesem Format die Zielgruppe der Teenager angesprochen, aber viele langjährig Beschäftigte fühlten sich in ihrer Tätigkeit nicht wertgeschätzt: „Die Idee für den Film ist gut, aber er zeigt kein realistisches Bild des hochkomplexen und professionellen Berufs des Pflegefachmanns bzw. der Pflegefachfrau. Die Pflege muss weg vom Darstellen von Stereotypen, hin zu realistischen Bildern fernab von Fernseh- und Youtube-Serien.“

Der Bundesverband Pflegemanagement zeigt sich nicht minder enttäuscht. „Die Serie spiegelt nicht im Ansatz das Berufsbild von Pflegefachpersonen wider“, so Sarah Lukuc, Leiterin der Arbeitsgruppe „Nachwuchs Pflegemanagement“ innerhalb des Verbandes, „vielmehr werden durch die dargestellten Berufsanforderungen Selbstverständnis, Berufsethos sowie Fachlichkeit der Profession verletzt.“ Die zentralen Aspekte der Ausbildung, die tägliche Arbeit mit und am Menschen würden vollständig ausgeblendet. Stattdessen entstehe der Eindruck, der Pflegeberuf sei ideal für alle Personen, die an anderer Stelle keine Perspektive haben.

Der Bundesverband Lehrende Gesundheits- und Sozialberufe (BLGS) setzt sich mit der Tatsache auseinander, dass sich die Kritik aus der Pflege überwiegend nicht an die MacherInnen der Serie, sondern an die für die Zustände in der Pflege verantwortliche Politik richtet: „Der Vertrauensverlust ist mittlerweile so gravierend, dass sich viele Betroffene von der Politik nicht nur ignoriert, sondern darüber hinaus sogar öffentlich verhöhnt fühlen.“ Dahinter stehe die reale Erfahrung, dass selbst unter den Bedingungen von chronischem Personalnotstand, Covid-19-Pandemie und sich abzeichnender Pflegekatastrophe immer noch keine substanziellen Verbesserungen angestoßen worden und in naher Zukunft wohl auch nicht zu erwarten seien. „In diesem fortdauernden Politikversagen liegt die eigentliche und berechtigte Ursache der Empörung“, so der BLGS in einer Stellungnahme, „die ,Ehrenpflegas‘ sind dafür ein weiteres Symptom.“

Zudem haben Pflegende in Hamburg auf der Plattform change.org eine Online-Petition gestartet, die sich das sofortige Ende der Serie zum Ziel gesetzt hat. Bis zum 20. Oktober hatten bereits mehr als 10.000 Menschen die Petition mit dem Titel „Frau Giffey, stoppen Sie die beleidigende Ehrenpflegas-Kampagne!“ unterschrieben.