Personal
Pflegereform: Viel Kritik und ein bisschen Lob
Die vom Bund beschlossene Pflegereform stößt auf Gegenwind aus verschiedenen Richtungen. Der allgemeine Tenor ist: Sie geht nicht weit genug.

Eine kurze Zusammenfassung der Reforminhalte:
- Pflegeeinrichtungen sollen zukünftig nur noch Versorgungsverträge abschließen dürfen, wenn sie einen Tarif anwenden.
- Pflegeempfänger sollen durch Zuzahlungen der Pflegekasse mit anhaltender Pflegedauer entlastet werden.
- Beiträge zur Pflegeversicherung für Kinderlose ab einem Alter von 23 Jahren sollen von 3,3 auf 3,4 Prozent des Einkommens steigen.
- Pflegefachpersonen sollen mehr Entscheiden dürfen, zum Beispiel bei der Auswahl der Pflegehilfsmittel.
Nur ein Reförmchen?
Das beschlossene Gesetzgebungsverfahren habe den Namen „Reform“ nicht verdient, erklärten die Diakonie und der Deutsche Evangelische Verband für Altenarbeit und Pflege Berichten des Evangelischen Pressedienstes (epd) zufolge. Die Bundesregierung habe „im Schnellverfahren eine der wichtigsten sozialpolitischen Weichenstellungen der Gegenwart beerdigt und lediglich ein Reförmchen zustande gebracht“, sagte Diakonie-Vorständin Maria Loheide.
Die Gewerkschaft Verdi sieht indes die Gefahr, dass Pflegeanbieter Schlupflöcher ausnutzen könnten, um der gesetzlich vorgeschriebenen Tarifplicht zu entgehen, zum Beispiel durch Gefälligkeitstarifverträge mit Pseudogewerkschaften. Die Reform sei nicht ausreichend „wasserdicht“ und müsse nachgebessert werden, so Verdi-Chef Frank Werneke.
Die Pflegeanbieter wiederum fürchten nach Aussage des Bundesverbands privater Anbieter sozialer Dienste (bpa) um ihre Existenz, weil die Refinanzierung der Löhne nicht gesichert sei. „Wenn der Gesetzgeber die Qualifikation der Beschäftigten, die Personalmenge, die Preise und jetzt auch noch die einzelnen Gehälter haarklein vorgibt, dann muss er auch dafür sorgen, dass den Einrichtungen das betriebliche Risiko und das unternehmerische Wagnis nicht als unwirtschaftlich abgelehnt werden darf“, so bpa-Präsident Bernd Meurer.
Die Linksfraktion wiederum kritisiert die Erhöhung der Beitragssätze für Kinderlose zur Pflegeversicherung. Man bestrafe damit unsachgemäß diejenigen, die keine Kinder haben, so die pflegepolitische Sprecherin Pia Zimmermann. Man müsse vielmehr die Pflegefinanzierung „vom Kopf auf die Füße stellen“.
Auch aus den eigenen Reihen der Koalition meldeten sich kritische Stimmen mit Blick auf die Situation der Pflegebedürftigen. Es wäre Aufgabe des Bundesfinanzministers Olaf Scholz (SPD) gewesen, einen Bundeszuschuss zur finanziellen Entlastung Pflegebedürftiger bereitzustellen, bemängelte der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) in einem Seitenhieb gegen die SPD, ohne dabei auf die Mitverantwortung der Schwesterpartei CDU einzugehen.
Mehr Kompetenzen für Pflegende
Jens Spahn (CDU) wiederum antworte auf die Kritik an der Reform: „Ich fänd‘s auch mal wichtig, wenn wir nicht zuerst immer nur wahrnehmen, was noch fehlt, sondern miteinander (…) auch mal über das sprechen, was miteinander gelungen ist“, so zitiert ihn die Deutsche Presse-Agentur (dpa).
Laut Deutschem Pflegerat (DPR) sei der Begriff “Reform” für das beschlossene Gesetz zwar nur bedingt zutreffend. An einigen entscheidenden Stellen seien aber “wichtige Markierungen für eine künftig bessere pflegerische Versorgung” gesetzt worden, sagte DPR-Präsident Franz Wagner mit Blick auf die geplante Kompetenzerweiterung für Pflegefachpersonen.
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