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Reichlich Ärger um Ausbildungs- und Prüfungsverordnung

Anlässlich der am 25. Juni im Gesundheitsausschuss des
Bundestages stattfindenden Anhörung zur Ausbildungs- und Prüfungsverordnung
(PflAPrV) für die Pflegeberufe haben zahlreiche
Verbände und Organisationen den vorliegenden
Referentenentwurf kritisiert. Sie alle sorgt die darin
durchschimmernde Abwertung der Altenpflege.

- Werden Altenpfleger künftig am Ende der Ausbildung weniger qualifiziert sein als andere Pflegefachpersonen? Viele Experten in der Pflege treibt genau diese Sorge um.Foto: imago

Das Niveau der Altenpflegeausbildung sei abgesenkt und
damit fast an das Niveau einer Assistentenausbildung
gerückt worden, moniert etwa der Deutsche Bildungsrat
für Pflegeberufe (DBR). Im Entwurf seien die Anforderungen
an die Beherrschung des Pflegeprozesses abgespeckt
worden, so die DBR-Vorsitzende Gertrud Stöcker. Dabei
werde verkannt, dass schon die Erhebung und
Feststellung des Pflegebedarfs, die jetzt eine
vorbehaltene Aufgabe aller Pflegefachpersonen werden
soll, das A und O für die weitere Gestaltung des
Pflegeprozesses ist. "Es ist nicht nachvollziehbar,
warum hier Altenpfleger weniger qualifiziert sein
sollen als die anderen Pflegefachpersonen", so Stöcker.
Ebenso wenig sei nachvollziehbar, warum gerade in der
Altenpflege weniger kommunikative Kompetenzen der
Pflegefachpersonen erforderlich sein sollen als in der
sonstigen Pflege. Das alles sei "nicht nur
rückwärtsgewandt", sondern könne auch "kontraproduktive
Wirkungen nicht nur in der Versorgung, sondern auch in
der Berufswahl erzeugen".

In die gleiche Kerbe haut
Christine Vogler,
stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Pflegerats
(DPR) und stellvertretende
Bundesvorsitzende des Bundesverbandes für Lehrende in
den Gesundheit- und Sozialberufen (BLGS). Laut
Referentenentwurf werde die Altenpflege zum
Assistenzberuf degradiert: "Eine Gleichwertigkeit der
Altenpflege – das gibt es nun nicht mehr. Dabei war
gerade sie unser zentrales Anliegen im Kampf für die
Generalistik."

Ärger auch beim Deutschen Caritasverband. Es sei
"keinesfalls hinnehmbar", wenn sich in den
Regierungsplänen das Niveau der Fähigkeiten der
spezialisierten Altenpflege im dritten Jahr teilweise
drastisch vom Niveau der generalistischen Ausbildung
und der Spezialisierung in der Kinderkrankenpflege
unterscheide. "Wer die Tätigkeit in der Altenpflege und
ihr Image gegenüber anderen Einsatzfeldern der Pflege
abwertet, wird dem Altenpflegeberuf nicht gerecht und
riskiert, dass Pflegekräfte ins Krankenhaus abwandern",
so Caritas-Präsident Peter Neher.

Nicht minder empört zeigt sich der Verband katholischer
Altenhilfe in Deutschland (VKAD). Durch die "drastische
Niveauabsenkung für das Berufsfeld Altenhilfe", so der
VKAD-Vorsitzende Hanno Heil, werde "das Ziel des
Pflegeberufereformgesetz, nicht zuletzt die Steigerung
der Attraktivität der Altenpflege, ad absurdum
geführt".

Unmut auch bei der Arbeitsgemeinschaft christlicher
Schwesternverbände und Pflegeorganisationen in
Deutschland (ADS).
"Eine Ausbildung zur Altenpflegerin mit so
eingeschränkter Fachlichkeit dequalifiziert die
Altenpflege – als pflegerisches Berufsfeld und als
Beruf gleichermaßen", kritisiert die ADS-Vorsitzende
Ulrike Döring die Ausbildungs- und Prüfungsverordnung.

"Offensichtlich haben sich die Interessen der
kommerziellen Pflegekonzerne durchgesetzt", kritisiert
Sylvia Bühler, Mitglied im Bundesvorstand, der
Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (verdi),
"nur so lässt sich erklären, dass nach dem vorliegenden
Entwurf das Ausbildungsniveau für den Berufsabschluss
als Altenpflegerin deutlich abgesenkt werden soll." Die
Arbeitgeber verfolgten offenbar den Plan, "die
Altenpflege so billig wie möglich zu machen und weniger
Fachkräfte einzusetzen".

Widerspruch gibt es auch aus dem Bereich der
Pflegewissenschaft. "Angesichts der massiven Probleme
in der Gesundheitsversorgung – kaum ein Tag vergeht
ohne Schlagzeilen über die Pflege in Deutschland – kann
das Absenken der Ausbildungsqualität nicht die richtige
Antwort sein", meint Prof. Dr. Anne Friedrichs,
Präsidentin der Hochschule für Gesundheit (hsg) in Bochum, "wie demotivierend
muss es für einen jungen Menschen sein, der mit einer
guten schulischen Ausbildung in den Pflegeberuf gehen
möchte, immer wieder zu  hören, dass er diese
Qualifikation gar nicht benötigt?"