Recht
Angehörige dürfen nicht übergangen werden
Das Bundesverfassungsgericht stärkt die Rechte von demenziell erkrankten und geistig behinderten Menschen. Bei Auswahl eines Betreuers oder einer Betreuerin für einen hilfsbedürftigen Menschen sollen nach Möglichkeit nahe Angehörige Vorrang haben. Das gebiete der besondere Schutz der Familie im Grundgesetz, teilte das höchste Gericht in Karlsruhe am Mittwoch mit. Diese Entscheidung hat Einfluss auf Betreuungsregelungen in der Altenpflege.

Wie die Deutsche Presse-Agentur berichtete, gab eine Kammer des Ersten Senats der Verfassungsbeschwerde einer Frau statt, die als Betreuerin ihrer psychisch kranken Tochter entlassen worden war. Mit der Entlassung als Betreuerin wurde die Mutter in ihrem Familiengrundrecht verletzt, wie das Bundesverfassungsgericht nun entschied. Dazu gehöre auch, dass bei der Bestellung einer Betreuerin Familienangehörige bevorzugt berücksichtigt werden.
Betreuerin war zunächst die Mutter, bis die zuständige Behörde und Ärzte einen Wechsel empfahlen, weil die innerfamiliäre Dynamik kontraproduktiv wirke. Die junge Frau hatte mehrfach den Wunsch geäußert, ihre Mutter als Betreuerin zu behalten. Das Amtsgericht missachtete diesen Wunsch und bestellte gegen den ausdrücklichen Willen von Mutter und Tochter eine Berufsbetreuerin. Die Tochter kam monatelang in eine etwa 120 Kilometer vom Wohnort entfernte psychiatrische Einrichtung.
Die Entscheidung aus Karlsruhe bedeutet noch nicht, dass die Mutter wieder Betreuerin werden darf. Aber das Landgericht Neubrandenburg, wo sie zuletzt erfolglos Beschwerde eingelegt hatte, muss in einem zweiten Anlauf die „Bedeutung und Tragweite der persönlichen Beziehung und familiären Bindung“ und den Wunsch der Tochter genauer in den Blick nehmen. Mangelnde Eignung dürfe nicht vorschnell angenommen werden, teilten die Verfassungsrichter mit.
Die Deutsche Stiftung Patientenschutz sieht mit der Karlsruher Enrscheidung auch Demenzkranke gestärkt, die mit einer Vorsorgevollmacht etwa für den Ehepartner sicherstellen wollen, dass sie von jemandem vertreten werden, dem sie vertrauen. Leider komme es noch zu häufig vor, dass dies nicht ausreichend berücksichtigt werde, sagte Vorstand Eugen Brysch.
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