Betreuung

Heimbewohner zwischen Verzweiflung und Verständnis

Traurig und verzweifelt, aber auch verständnisvoll: So haben Bewohner von Pflegeheimen auf den Corona-„Lockdown“ reagiert. Das hat jetzt eine wissenschaftliche Studie am Fachbereich Sozialwesen der Fachhochschule Münster (Nordrhein-Westfalen) ergeben.

Prof. Mirko Sporket
Foto: FH Münster/Stefanie Gosejohann Die Bewohner von Pflegeeinrichtungen haben auf den Corona-Lockdown traurig und verzweifelt, aber auch verständnisvoll reagiert. Das hat Prof. Mirko Sporket von der FH Münster im Rahmen einer Studie herausgefunden.

„Die zum Teil rigiden Regelungen bedeuteten für viele Bewohnerinnen und Bewohner massive Einschränkungen ihrer Persönlichkeitsrechte“, sagt Hochschullehrer Mirko Sporket, an der FH Münster Professor für Soziologie mit den Schwerpunkten „Altern“ und „Demografie“. Das Besuchsverbot für Angehörige sei von den alten Menschen als massivstes Problem wahrgenommen worden.

Da er die Bewohnerinnen und Bewohner wegen des Besuchsverbots nicht direkt ansprechen konnte, befragte Sporket per Online-Umfrage insgesamt 34 MitarbeiterInnen von vier Einrichtungen der stationären Altenhilfe der St. Elisabeth-Stift gGmbH in Sendenhorst (Kreis Warendorf)Die Stimmung unter den Seniorinnen und Senioren, die ihre Angehörigen nicht mehr treffen konnten, beschrieben die Pflegenden häufig als traurig, verzweifelt und depressiv. „Hinzu kommt die Ausgangssperre, die für viele einen Verlust an Freiheit und Selbstbestimmung bedeutete“, so der Professor.

Für stark an Demenz erkrankte Bewohner scheine sich die Situation weniger dramatisch dargestellt zu haben als zunächst befürchtet, berichtete Sporket: „Sie wurden teilweise sogar als entspannter beschrieben.“ Das Besuchsverbot habe in diesen Fällen die Angehörigen vermutlich schlimmer getroffen als die Senioren selbst. Laut den Befragten habe die Ruhe in den Heimen den Demenzkranken gutgetan.

Insgesamt seien die Bewohnerinnen und Bewohner sehr unterschiedlich mit der Situation umgegangen. „Die befragten Pflegekräfte schilderten, dass viele kein Verständnis für die Maßnahmen gezeigt und missmutig und auch gereizt reagiert hätten, während bei anderen Angst und Sorge dominiert hätten“, so Sporket. Aber der Großteil habe Verständnis für die getroffenen Maßnahmen gezeigt, so der Wissenschaftler.

Die Mitarbeiter in den Einrichtungen hätten sich während des Lockdowns stärker belastet gefühlt, sagte Sporket. Als Gründe nannten sie den Angaben zufolge unter anderem wenig Kontakt zu den Kollegen, Sorge vor eigener Ansteckung, Konflikte mit Angehörigen und das Leid der Bewohner. Andererseits spürten viele eine höhere gesellschaftliche Wertschätzung und einen stärkeren Zusammenhalt im Team.