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Vier-Tage-Woche in der Pflege? Die Meinungen sind gespalten
Die Thüringer SPD hat die Einführung einer Vier-Tage-Woche für Beschäftigte in Pflegeberufen vorgeschlagen. Manche Arbeitgeber machen bereits Nägel mit Köpfen. Die Union sieht das indessen kritisch.

Hintergrund des SPD-Vorschlags ist die laufende Diskussion über eine mögliche Vier-Tage-Woche in der Stahlindustrie. Eine Reduzierung der Arbeitszeit auf 30 Stunden pro Woche bei vollem Lohnausgleich sei „weder utopisch noch kontraproduktiv“, zitiert der MDR die Landesvorsitzende der SPD-Arbeitsgemeinschaft Gesundheit, Tina Rudolph.
Blick über den Tellerrand
Rudolph stützt sich damit auf Modellprojekte in anderen Ländern. Bei einem großen Modellversuch in Großbritannien mit 61 teilnehmenden Unternehmen etwa wurden viele positive Effekte durch die Einführung einer Vier-Tage-Woche festgestellt. Auch in Deutschland gibt es hierfür Initiativen – sogar in der Pflege. Der Kreisverband des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) Sangerhausen in Sachsen-Anhalt plant die Einführung einer Vier-Tage-Woche mit 35 Stunden bei vollem Lohnausgleich für seine rund 7.000 Mitarbeitenden. 2024 soll es losgehen. Das steigere zum einen die Attraktivität der Berufsbilder. Man werde zum anderen aber auch „im europäischen Wettbewerb wieder Leadership übernehmen können“, so der DRK-Vorstandsvorsitzende Andreas Claus in der Rubrik „Pro & Contra“ in der April-Ausgabe der Fachzeitschrift Altenpflege.
In der Praxis zu teuer?
Die CDU sieht das anders, berichtet der MDR. Das Pflegesystem sei schon jetzt an der Grenze und würde durch verkürzte Arbeitszeiten gesprengt werden, so der pflegepolitische Sprecher der CDU im Thüringer Landtag, Christoph Zippel. Auch der Geschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbands und DBfK-Vize Stefan Werner sieht den Vorschlag kritisch. Kürzere Arbeitszeiten bei vollem Lohnausgleich bedeuteten höhere Kosten. Pflegebedürftige und ihre Angehörigen dürften finanziell nicht zusätzlich belastet werden.
Die Chefetage muss mitspielen
Ob eine Vier-Tage-Woche wirklich den Stress reduziere, hänge auch vom Unternehmen ab, kommentiert der Wirtschaftswissenschaftler Prof. Andrew Lee in der Fachzeitschrift Altenpflege. Wenn die oberste Führungsebene wenig Unterstützung leiste und die Mitarbeitenden unter Druck setze, könnte eine Vier-Tage-Woche den Stresspegel erhöhen. Diese Erfahrung habe man in Frankreich gemacht, als dort im Jahr 2000 die 35-Stunden-Woche eingeführt worden sei.
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